Am Freitag und Montag betreut Sie Hauke Jessen beim Modellieren, Zeichnen und Schnitzen
Freitag von 10.00 – 13.00 Uhr,
Montag von 17.30 – 20.30 Uhr
Unkostenbeitrag pro Person für 3 Stunden: 35 €,
in kleiner Gruppe von ca. fünf Arbeitsplätzen
Ort: Im Atelier, Sandort 17 / 22549 Hamburg
Bitte vorher anmelden unter: 0179 34 200 27


Das Werk des Bildhauers Hauke Jessen verbindet aktuelle Fragestellungen mit philo-
sophischen Aspekten. Im Zentrum seiner Kunst steht der Mensch mit seiner inneren
und äußeren Welt. Jessen kombiniert traditionelle Symbole mit einem flüchtigen
Moment und erschafft damit mindestens eine zu erzählende Geschichte als neue
Dimension: seine Skulpturen haben ein Recht auf Eigenständigkeit.
Nach Recherchen zu Themen des Zeitgeschehens, zu Freiheit oder Vergänglichkeit
schafft Jessen detailreiche Figuren, denen eine unverwechselbare Offenheit zu eigen
ist. Sie können den Gedankenfluss der Betrachter*innen anregen, ohne ihn lenken zu
wollen, formulieren etwas, ohne gleich alles darzulegen.
Grundsätzlich arbeitet Jessen seine Skulpturen aus jeweils einem Stück, in einem
Prozess des Wegnehmens, ohne die Möglichkeit, eine Entscheidung rückgängig zu
machen. Er verwendet unterschiedliche Holzarten und nutzt die Gegebenheiten des
Materials, wie Risse, Astlöcher oder Verfärbungen, auch wenn damit während des
Arbeitsprozesses eine nicht zu unterschätzende Unberechenbarkeit verbunden ist.
Für Jessen steht die Idee über dem Material – auch wenn es Begrenzungen liefert, mit
denen der Bildhauer sich intensiv auseinandersetzen muss.
Besonders viel Zeit nimmt sich Hauke Jessen für die Ausarbeitung der Gesichter. Den
meisten seiner Figuren ist eine Versonnenheit zu eigen. Es bleibt offen, ob sie nach
innen oder nach außen blicken, manche tragen androgyne Züge. Jessen spielt mit
Doppeldeutigkeiten und verleiht seinen Charakteren Emotionen, auch wenn jene gar
nicht menschlich sind.
Bei der Arbeit HER (2017) fragt man sich, wer hier wen an die Hand nimmt: der Mensch
die Maschine oder umgekehrt? Ein Mann und eine im weitesten Sinne an R2-D2 er-
innernde Figur halten sich fest. Er ist jung und kräftig, steht mit seinen großen Füßen
fest auf dem Boden und sieht aufmerksam zu dem Wesen, von dem nicht klar ist, ob es
ohne Unterstützung umfallen würde oder mit seiner All-Terrain-Bereifung und mit an-
spruchsvoller Technik vielleicht doch sehr gut beweglich ist. Die Diskussion um Robotik
und KI war 2017 noch vergleichsweise verhalten, die konkreten Fragen mögen andere
gewesen sein – dieses Werk bildet den gegenwärtigen Diskurs jedoch nicht weniger
präzise ab. Allerdings: in welche Richtung soll der Titel führen?
Auch bei PICKNICK MIT MAMA (2016) zeigt Jessen einen Nackten, hier ist der Titel
eindeutiger. Der Archetyp eines Menschen ist durch seine roten Haare als Individuum
gekennzeichnet. Durch bewusste Abschottung oder aufgrund von äußeren Einflüssen
dürfte er allerdings nicht viel mitbekommen und seine Körperhaltung weist auf In-
stabilität und Widersprüchlichkeit hin. Die Wölfin hat den klaren Blick und dient dem
Mann – Romulus? – als Stütze. Die Eigenschaften Tatkraft und Zähigkeit, die dieser
später als Staatsgründer verkörpern soll, symbolisiert eigentlich der Specht, der hier
jedoch im Rucksack gefangen ist. Spontane Zweifel, ob der Dargestellte seine Aufgabe
meistern wird, sind möglich.
In den Jahren 2017, 2020 und 2024 hat Jessen eine Serie von Pietás geschaffen, die auf-
einander aufbauen und sich inhaltlich zum Teil überschneiden. BYE MY MACHINE ist
eine der Arbeiten, die nicht den Jessen-typischen, offenen Gesichtsausdruck trägt. Hier
bildet er eindeutige, unmissverständliche Empfindungen ab und dokumentiert, dass er
das bei den anderen Figuren ganz bewusst nicht tut. Mit dieser Arbeit – wie auch mit
PUSH THE BUTTON und POWER NAP – transformiert er die der Pietà traditionell
innewohnende Thematik von Schmerz, Menschlichkeit und Hingabe auf das Verhält-
nis von Mensch und Maschine.
Mit der 2025 entstandenen Arbeit E.V.A. PRESS OFF IV entwickelt Jessen das Thema
weiter: die Technik umhüllt einen jungen, fragend blickenden Menschen wie ein
muskulöser Raumanzug. Es bleibt offen, ob ihm der Helm gerade abgenommen oder
im nächsten Moment übergestülpt werden soll, ob er sich im All oder auf der Erde
befindet, auf wen oder was sich sein Blick richtet. Vielleicht spiegelt sich das Feuer
der wegfliegenden Rakete in seinen Augen? In den Details, die für die Skulpturen von
Hauke Jessen typisch sind, könnten Hinweise stecken.
Das als Triptychon gearbeitete Relief LAND IN SICHT (2022) hat Jessen im Rahmen
des Kunstprojekts „Kulturhimmel der Nordkirche / artengel“ für Das Rauhe Haus in
Hamburg geschaffen. Hier liegt ein anderer Entstehungsprozess zugrunde: Bei Ge-
sprächen berichteten Bewohner*innen der Einrichtung von ihren Gedanken zu Engeln;
diese Inspirationen sind in die Arbeit eingeflossen. In der Umsetzung ist das Motiv
unverwechselbar: Wie bei PICKNICK MIT MAMA blickt das Tier die Betrachter*innen
direkt an, der Mensch wirkt ein wenig eingeschränkt. Bei der Verschmelzung von
menschlicher Figur und Taube könnte es sich um eine Momentaufnahme handeln,
möglicherweise entstanden durch den flüchtigen Eindruck, die beiden wären durch
große Flügel zu einer Einheit verbunden.
Weitere Arbeiten im öffentlichen Raum: Skulptur der Heiligen Katharina in Unna (1997),
Franziskus-Brunnen in Haselünne (2005), WALK IN FALL (2016) im Rahmen des Projekts
„Ein Baum aus der Göhrde“.
Formal ist das Werk von Hauke Jessen durch klare Gestaltung gekennzeichnet, auf den
ersten Blick wirken die Arbeiten leicht zugänglich. Inhaltlich geht es ihm um ein der Kunst
dienendes Prinzip: Der Betrachter selbst ist gefragt, die Geschichten hinter den Arbeiten
zu entdecken.
Hauke Jessen ist in Dagebüll, Nordfriesland geboren und aufgewachsen, seit 1998 lebt
und arbeitet er in Hamburg. Nach der klassischen Ausbildung zum Bildhauer an der
Werkkunstschule in Flensburg war er drei Jahre auf Wanderschaft in Europa.
Dorothea Ladek, im August 2025
Einzelausstellungen
2022 „Skulpturen“, Künstlerhaus, Hamburg-Bergedorf
2019 „Kunst verbindet … gestern, heute, morgen“, hit-Technopark, Hamburg
2017 „nature track“, Oberfett, Hamburg
2016 „Klassische Bildhauerei in Holz und Bronze“, Berkentienhaus, Lübeck
2016 „Skulpturen und Plastiken“, Otto-Flath-Stiftung, Bad Segeberg
2015 „Bildhauerische Arbeiten und Zeichnungen“, Galerie III Schlossinsel Rantzau, Barmstedt
2014 „Perspektive“, La Caverna Museumszentrum Oberwallis, Naters (CH)
1993 „Kunst.Werk.Statt Rote Laterne“, Flensburg
Gruppenausstellungen
2020 „Garten Eden“, Galerie am Dom, Bad Soden am Taunus
2024 „Tabula Rasa“, Oberfett, Hamburg
2024 „Home Town“, Oberfett, Hamburg
2023 „Never stop … telling stories“ mit Martin Scholten, Kunstverein, Speyer
2018 „Vruchtbare Grond“, Stiftung De Bildtse Aardappelweken Kulturhauptstadt Leeuwarden, (NL)
2018 „KunstRAI“, Amsterdam, Galerie De Roos van Tudor Leeuwarden (NL)
2017 „Naturalismus trifft Bildhauerei“, Stiftung Herzogtum Lauenburg, Mölln
2017 „collective identity II“, Greskewitz Kleinitz Galerie, Hamburg
2015 „Malerei/Skulptur“, Kunst in der Parkstrasse, Hamburg
2014 „Malerei Inspiratio Skulptur“, Kunstverein Heide e.V., Heide
2008 „Malerei/Skulptur“, Kunst in der Parkstrasse, Hamburg
2001 „Buxtehude“, Villa Schwarzenberg, Hamburg
Projekte
2022 „Kulturhimmel der Nordkirche“, Ausstellung „artengel“, Das Rauhe Haus, Hamburg
2022 „Heilsame Drachenkämpfe“, Kunstprojekt Jubilate-Kirche, Hamburg, siehe KOKYŪ NAGE
2016 „Ein Baum aus der Göhrde“, Wanderausstellung
2005 Franziskus-Brunnen, Niels-Stensen-Kliniken – St.-Vinzenz-Hospital Haselünne
2011 „Kunstband am Nationalpark“, Landesbetrieb für Küsten- und Meeresschutz Schleswig-Holstein
Fotos: Jörg Schiffke , David Dittrich , Holger Wild, Hauke Jessen
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